Zukunft der Direktvermarktung: Warum Betreiber jetzt handeln sollten – Marktwerte für Wind und PV bis 2028 im Sinkflug
Die Marktwerte für Wind- und Solarstrom sinken – das zeigt die neue Kurzstudie von enervis. Betreiber von EE-Anlagen erfahren hier, wie sie auf sinkende Erlöse reagieren und mit Direktvermarktung, PPAs und Flexibilitätsstrategien ihre Wirtschaftlichkeit sichern.
June 11, 2025
Die Direktvermarktung war einst das Versprechen höherer Erlöse für Betreiber von Windkraft- und Solaranlagen. Doch aktuelle Studien zeigen: Die Marktwerte erneuerbarer Energien stehen unter Druck – und dieser Trend wird sich fortsetzen. Die neue Kurzstudie der enervis energy advisors im Auftrag von node.energy wirft einen detaillierten Blick auf die Erlösentwicklung bis 2028 und bringt eine klare Botschaft für Betreiber: Wer gute Preise erzielen will, muss jetzt aktiv werden.
Im Rahmen der Energiewende ist es das Ziel, bis 2030 rund 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Energien zu decken. Die gesetzlichen Ausbaupfade sind ambitioniert: Der Ausbau von Photovoltaik soll von etwa 99 GW im Jahr 2024 auf 215 GW im Jahr 2030 steigen. Für Onshore-Windenergie ist ein Anstieg von 61 GW auf 115 GW geplant. Dieses Wachstum bringt Chancen – aber auch Herausforderungen für die Wirtschaftlichkeit.
Wie sich Marktwerte bilden und warum sie unter Druck stehen
Der Strompreis an der Börse entsteht auf Basis des Merit-Order-Prinzips. Das heißt: Es wird immer das Kraftwerk mit den jeweils niedrigsten Grenzkosten zum Einsatz gebracht, bis der Strombedarf gedeckt ist. In der Praxis bedeutet dies: Solar- und Windstrom mit nahezu null Grenzkosten verdrängen teurere konventionelle Erzeuger.
Dieses Modell bringt jedoch auch Nachteile für die Erneuerbaren mit sich. Da sie wetterabhängig einspeisen und sich die Produktion nicht direkt an der Nachfrage orientiert, kommt es bei starker Einspeisung zu einem Überangebot – mit der Folge sinkender oder sogar negativer Börsenpreise. Dieser Effekt ist unter dem Begriff "Kannibalisierung" bekannt.
Die Studie zeigt eindrucksvoll: Besonders die Photovoltaik leidet unter diesem Effekt. Aufgrund der hohen Gleichzeitigkeit der PV-Erzeugung (z. B. zur Mittagszeit) entsteht ein Überangebot an Strom genau dann, wenn viele andere Anlagen ebenfalls einspeisen. Der resultierende Preisverfall trifft alle gleichzeitig einspeisenden Anlagen gleichermaßen. Die Profilwerte – also die relative Wertigkeit des eingespeisten Stroms – sind deshalb bei PV besonders niedrig und rückläufig.
Bei Windenergie ist der Effekt etwas abgeschwächter, da Wind weniger synchron über das Bundesgebiet hinweg auftritt. Dennoch zeigt sich auch hier eine rückläufige Tendenz der Marktwerte, vor allem an sehr windreichen Tagen mit geringer Nachfrage.
Historische Entwicklung der Marktwerte: Ein Blick zurück mit klarem Trend
Die Analyse der historischen Strommarktwerte für Windenergie und Photovoltaik offenbart einen klaren Abwärtstrend bei den sogenannten Profilwerten. Diese geben an, wie wertvoll der erzeugte Strom im Vergleich zum durchschnittlichen Börsenpreis ist. Die enervis-Studie stellt fest: Sowohl für PV als auch für Wind Onshore sind diese Profilwerte über die letzten Jahre kontinuierlich gesunken – bei der Photovoltaik besonders drastisch.
So lag der Profilwert von PV-Strom im Jahr 2024 teils deutlich unter 60 % des durchschnittlichen Spotmarktpreises – ein Rekordtief seit Beginn der systematischen Erfassung. Im Jahr 2025 setzte sich dieser Negativtrend fort. Ursache dafür ist vor allem der rapide Zubau von PV-Kapazitäten: Immer mehr Anlagen speisen gleichzeitig Strom ein, was in den Spitzenzeiten zu starkem Preisdruck führt.
Windstrom zeigt ein weniger starkes Absinken der Profilwerte. Dies liegt daran, dass die Windverhältnisse über Deutschland verteilt deutlich heterogener sind als die solare Einstrahlung – und dadurch die Einspeisung zeitlich stärker streut. Dennoch lassen sich auch hier markante Rückgänge beobachten, insbesondere an Wochenenden mit hoher Einspeisung und niedriger Nachfrage.
Der Merit-Order-Effekt in der Praxis: Preissenkungen durch EE-Einspeisung
Die Studie veranschaulicht anhand von Strommarktdaten (u. a. SMARD-Daten der Bundesnetzagentur), wie sich an Tagen mit hoher PV- oder Wind-Einspeisung die Spotmarktpreise teils bis auf null oder in den negativen Bereich senken. Beispielsweise wurden am 28. und 29. März 2025 in den Mittagsstunden nahezu keine Erlöse mehr erzielt. An einem windstarken 30. März kam es sogar zu negativen Preisen – ein klassischer Kannibalisierungseffekt.
Diese Entwicklung verdeutlicht: Die Präsenz von Erneuerbaren senkt zwar die Gesamtstrompreise (was volkswirtschaftlich positiv ist), wirkt sich aber negativ auf die spezifischen Erlöse der Erzeuger aus, insbesondere wenn keine Speicher- oder Lastverschiebungstechnologien eingesetzt werden.
Referenzmarktwert vs. anlagenspezifischer Marktwert: Warum nicht alle Anlagen gleich betroffen sind
Ein zentrales Element der enervis-Kurzstudie ist die Differenzierung zwischen dem sogenannten Referenzmarktwert – dem durchschnittlichen Marktwert einer Technologie (z. B. Wind Onshore) – und dem anlagenspezifischen Marktwert.
Der Referenzmarktwert stellt eine grobe Orientierung dar, doch die individuellen Werte einzelner Anlagen können erheblich davon abweichen – sowohl positiv als auch negativ. Die Gründe dafür sind vielfältig:
Standort: Ein Windpark in Süddeutschland mit geringerer Windverfügbarkeit wird zu anderen Zeiten einspeisen als ein Offshore-Park an der Nordsee. Auch bei PV spielt die lokale Einstrahlung eine entscheidende Rolle.
Technologie: Höhere Nabenhöhen bei Windrädern oder nachgeführte PV-Systeme führen zu längeren und flexibleren Einspeiseprofilen.
Ausrichtung: PV-Anlagen mit Ost-West-Ausrichtung erzeugen häufiger Strom in den Tagesrandstunden – also in Zeiten, in denen der Strompreis typischerweise höher ist.
Neigungswinkel und Design: Das technische Layout beeinflusst, wann und wie stark die Anlage einspeist.
Diese Differenzen verdeutlichen: Betreiber sollten sich nicht allein auf allgemeine Marktwerte verlassen, sondern die individuellen Gegebenheiten ihrer Anlagen gezielt analysieren, um fundierte Entscheidungen für die Direktvermarktung oder PPA-Gestaltung zu treffen.
Ausblick bis 2028: Modellprognosen, Marktwerttrends und Preisdynamik
Die enervis-Studie liefert auf Basis eines fundamental gestützten Strommarktmodells eine Prognose für die Entwicklung der Strompreise und Marktwerte erneuerbarer Energien bis 2028. Dabei fließen verschiedene Treiber in die Berechnung ein – darunter Ausbaupfade, Brennstoffkosten, CO₂-Preise, Flexibilitätsoptionen und Nachfrageveränderungen.
Ein zentrales Ergebnis: Die Marktwerte für Onshore-Wind und Photovoltaik werden weiter sinken. Für Wind Onshore liegt der prognostizierte durchschnittliche Marktwert im Jahr 2028 bei rund 56 €/MWh – das entspricht einem Rückgang von fast 25 % im Vergleich zu 2025. Noch stärker fällt die Reduktion bei der Photovoltaik aus: Hier wird ein Rückgang auf rund 37 €/MWh prognostiziert.
Entwicklung der Terminmarktpreise: Backwardation als Warnsignal
Ein wichtiges Hilfsmittel zur Bewertung künftiger Erlöse sind die Terminmarktpreise. Sie zeigen, welchen Wert Strom aus Sicht der Marktteilnehmer in den kommenden Jahren haben wird. Die Studie analysiert die Mischpreise am Terminmarkt im Mai 2025:
2026: 87,41 €/MWh
2027: 79,58 €/MWh
2028: 71,64 €/MWh
Dieser Rückgang der Terminmarktpreise – auch als "Backwardation" bezeichnet – spiegelt die Erwartung sinkender Großhandelspreise wider. Für Projektentwickler und Betreiber bedeutet das: Wer eine langfristige Abnahme (z. B. über ein PPA) anstrebt, wird mit tendenziell niedrigeren Preisniveaus rechnen müssen, je später der Abschluss erfolgt.
Die Studie unterstreicht damit die Bedeutung rechtzeitiger PPA-Verhandlungen: Ein früher Vertragsabschluss kann sich auszahlen, da das erzielbare Preisniveau in Zukunft wahrscheinlich geringer sein wird.
Szenarienvergleich: Wettersensitivität und ihre Bedeutung
Zur realistischen Bewertung der Marktwertentwicklung simuliert enervis unterschiedliche Wetterszenarien. Die Bandbreite reicht vom 10%- bis zum 90%-Quantil und umfasst insbesondere wetterbedingte Erzeugungsschwankungen. Dabei zeigt sich:
Bei Wind kann der Profilwert je nach Jahr und Wetterlage zwischen 78 % und 84 % des Basepreises schwanken.
Für Photovoltaik fällt die Spanne noch größer aus: Die Profilwerte bewegen sich zwischen nur 52 % und 57 % des durchschnittlichen Strompreises.
Diese hohe Volatilität macht deutlich: Wetter ist ein entscheidender Risikofaktor. Betreiber sollten deshalb bei ihrer Finanzplanung auf konservative Annahmen setzen und Wettersensitivitäten aktiv in die Bewertung einbeziehen – insbesondere bei freifinanzierten Projekten oder PPAs ohne staatliche Absicherung.
Verstärkte Kannibalisierung durch Zubau ohne Flexibilitätsausbau
Ein strukturelles Risiko für die Erlösentwicklung liegt im fehlenden Gleichlauf zwischen EE-Zubau und dem Ausbau von Flexibilitätsmaßnahmen. Zwar sieht das EEG 2023 ambitionierte Ausbauziele für PV, Wind Onshore und Offshore vor – aber Speicher, steuerbare Lasten und Netzkapazitäten wachsen deutlich langsamer.
Die Studie kommt zu dem Schluss: Ohne ausreichende Flexibilitätsoptionen wird sich der Kannibalisierungseffekt weiter verschärfen. Die zeitgleiche Einspeisung großer Mengen erneuerbarer Energie trifft auf eine weitgehend unflexible Nachfrage – mit der Folge, dass Marktwerte sinken, selbst wenn der Bedarf an Strom langfristig steigt.
Implikationen für PPAs: Preisbildung, Risiken und Chancen
Die sinkenden Marktwerte haben direkte Auswirkungen auf die Preisgestaltung von Power Purchase Agreements (PPAs). Da PPAs in der Regel auf den erwarteten Marktwerten des eingespeisten Stroms basieren, ist der zukünftige Marktwert ein zentraler Referenzpunkt. Die enervis-Studie macht jedoch deutlich: Der Marktwert stellt lediglich die Obergrenze dar.
Tatsächlich liegen die realisierbaren PPA-Preise oft unterhalb des prognostizierten Marktwerts – und zwar aus mehreren Gründen:
Preisrisiken: Händler kalkulieren Abschläge ein, um sich gegen Marktpreisschwankungen abzusichern.
Profilrisiken: Die Abweichung der Einspeisung vom Marktbedarf erfordert eine zusätzliche Ausgleichsenergie.
Mengenschwankungen: Wetterbedingte Erzeugungsunsicherheit beeinflusst das Risiko-Profil des Vertrags.
Strukturierungskosten: Vertragsverhandlung, Vermarktung und Absicherungsinstrumente schlagen zu Buche.
Das bedeutet für Betreiber: Wer einen PPA abschließen möchte, muss mit realen Erlösen unterhalb der prognostizierten Marktwerte rechnen. Um dennoch ein attraktives Preisniveau zu erzielen, empfiehlt sich eine frühzeitige Vertragsverhandlung und professionelle Unterstützung – etwa durch Plattformen wie DirektvermarktungStrom.de.
Direktvermarktung unter Druck: Neue Anforderungen für Betreiber
Auch die klassische Direktvermarktung verändert sich im Zuge der sinkenden Marktwerte. Die Marktprämie, die als Differenz zwischen Marktwert und gesetzlich garantiertem EEG-Vergütungssatz gezahlt wird, fällt bei niedrigen Marktwerten geringer aus. Für Neuanlagen mit EEG-Ausschreibungsvergütung bedeutet das: Die Wirtschaftlichkeit hängt zunehmend vom Zeitpunkt und der Qualität der Vermarktung ab.
Die Studie zeigt, dass Marktwerte künftig stärker schwanken und wetter- sowie profilabhängiger werden. Für Betreiber bedeutet das:
Eine aktive Steuerung der Vermarktung wird wichtiger.
Die Auswahl des richtigen Direktvermarkters kann erhebliche Unterschiede bei Erlösen verursachen.
Kombinationen mit Speichern oder optimierte Fahrpläne können die Erlöse stabilisieren.
Besonders Betreiber größerer Anlagen oder von Anlagen außerhalb der EEG-Förderung sollten die Möglichkeit von marktpreisgebundenen PPAs oder dynamischen Vermarktungsstrategien prüfen. Hier bieten sich Chancen, Erlöse auch in einem sinkenden Marktumfeld langfristig abzusichern.
Strategische Empfehlungen für Anlagenbetreiber
Angesichts der dargestellten Entwicklungen ergibt sich für Betreiber von Solar- und Windanlagen ein klarer Handlungsbedarf. Die enervis-Studie erlaubt folgende praktische Schlussfolgerungen:
Frühzeitig Preisabsicherung verhandeln: Je eher ein PPA geschlossen wird, desto höher ist das potenziell realisierbare Preisniveau.
Flexibilitätstechnologien prüfen: Speicher, steuerbare Lasten oder hybride Anlagenkonzepte können die Marktwertigkeit verbessern.
Projektindividuelle Marktwertanalyse durchführen: Der anlagenspezifische Marktwert kann vom Referenzwert deutlich abweichen – teils positiv.
Wetter- und Profilrisiken einpreisen: Sorgfältige Szenarienplanung erhöht die Planungssicherheit.
Zugang zu professioneller Vermarktungsberatung sichern: DirektvermarktungStrom.de bietet dazu passende Tools und Partnerangebote.
Fazit: Marktwerte als neue Messlatte für wirtschaftlichen Erfolg
Die enervis-Kurzstudie „Zukünftige Marktwertentwicklung erneuerbarer Energien bis 2028“ liefert einen klaren und fundierten Ausblick auf die zentrale Rolle von Marktwerten im zukünftigen Energiesystem. Sie zeigt, dass sich Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen auf ein dauerhaft verändertes Marktumfeld einstellen müssen – geprägt durch sinkende Strompreise, verstärkte Kannibalisierungseffekte und wachsendes Vermarktungsrisiko.
Der Marktwert – einst ein Beiwerk zur EEG-Vergütung – wird zur zentralen Steuerungsgröße für Investitionen, Vermarktung und Planung. Die Zeit des planbaren Fördersystems geht schrittweise zu Ende. An ihre Stelle tritt ein Strommarkt, in dem die individuelle Positionierung und Vermarktungsstrategie über den wirtschaftlichen Erfolg entscheidet.
Dabei ist eines klar: Wer frühzeitig handelt, wird besser positioniert sein. Frühzeitige PPA-Abschlüsse, professionelle Direktvermarktung, Speicherintegration, flexible Fahrpläne und präzise Standortanalysen sind keine Optionen mehr – sie sind Notwendigkeiten.
Zugleich bietet der Wandel auch Chancen: Für innovative Betreiber, die ihr Geschäftsmodell auf die neuen Gegebenheiten anpassen, entstehen neue Erlösmöglichkeiten – etwa durch hybride Erzeugungsspeicherlösungen, regionale Direktvermarktung oder strukturierte PPAs.
DirektvermarktungStrom.de begleitet Anlagenbetreiber dabei, sich im neuen Strommarkt erfolgreich zu positionieren: mit Marktwertanalysen, Anbieterübersichten, PPA-Bewertungen und individuell passenden Vermarktungspartnern.
Jetzt handeln – für planbare Erlöse auch nach 2028
Die Zukunft der Direktvermarktung wird anspruchsvoller, aber nicht unmöglich. Wer sich auf Daten, Analysen und die richtigen Partner stützt, kann auch in einem zunehmend volatileren Marktumfeld wirtschaftlich erfolgreich bleiben.
Empfehlung: Jetzt individuelle Marktwertpotenziale berechnen und Direktvermarktungslösungen vergleichen auf:
Quelle der Analyse: Kurzstudie „Zukünftige Marktwertentwicklung erneuerbarer Energien bis 2028“, enervis energy advisors GmbH im Auftrag von node.energy, Mai 2025.
Erhalten Sie kostenlos, schnell und unverbindlich bis zu 3 Angebote um Ihre Einnahmen zu steigern.