Dynamische Stromtarife und zeitvariable Netzentgelte: Wie Haushalte bis zu 80 % Stromkosten sparen können
Dynamische Stromtarife belohnen Flexibilität und ermöglichen Haushalten, Stromkosten deutlich zu senken. Eine Studie zeigt: Wer Verbrauch und Preise intelligent kombiniert, kann bis zu 80 % sparen – besonders mit Elektroauto oder Wärmepumpe. Auch das Stromsystem profitiert von einer effizienteren Nutzung erneuerbarer Energien.
30/10/2025
Dynamische Stromtarife gelten als Schlüsselbaustein der Energiewende. Sie spiegeln die tatsächlichen Börsenstrompreise wider und schaffen finanzielle Anreize, den Stromverbrauch in Zeiten hoher Erzeugung und niedriger Preise zu verlagern. Eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens Neon Neue Energieökonomik im Auftrag der Naturstrom AG zeigt: Durch die Kombination aus dynamischen Tarifen und zeitvariablen Netzentgelten können Haushalte mit flexiblen Verbrauchern – wie Elektroautos oder Wärmepumpen – ihre jährlichen Stromkosten um bis zu 82 Prozent reduzieren. Doch auch Haushalte ohne solche Geräte können profitieren, wenn sie ihren Verbrauch leicht anpassen.
Während klassische Festpreistarife den Strompreis über das gesamte Jahr konstant halten, orientieren sich dynamische Tarife direkt an den Börsenpreisen. Diese schwanken täglich und teilweise stündlich – je nach Angebot und Nachfrage an der Strombörse.
Steht viel erneuerbare Energie aus Wind und Sonne zur Verfügung, sinken die Preise teils deutlich. Bei geringer Erzeugung, etwa abends oder im Winter, steigen sie. Diese Preissignale werden bei dynamischen Tarifen an die Verbraucher weitergegeben.
Laut Studie variierten die Strompreise im Untersuchungszeitraum September 2024 bis August 2025 zwischen 5 und 133 Cent pro Kilowattstunde, während der herkömmliche Festpreis bei durchschnittlich 33,9 Cent lag. Verbraucher, die ihren Strombezug in günstige Zeitfenster verlagern können, profitieren somit direkt von den Preisschwankungen.
2. Wer profitiert am meisten?
Die Untersuchung verglich vier typische Haushaltstypen – vom berufstätigen Paar bis zur Familie mit Kindern – mit einem jährlichen Stromverbrauch zwischen 2.800 und 4.000 kWh. Ergebnis: Alle Haushalte hätten im analysierten Zeitraum mit einem dynamischen Tarif weniger bezahlt als mit einem Festpreistarif.
Die Einsparungen ohne flexible Verbraucher (also ohne Wärmepumpe oder E-Auto) lagen zwar nur zwischen 20 und 70 Euro pro Jahr, doch die Richtung ist eindeutig:
Haushalte mit hohem Tagesverbrauch profitierten am stärksten, da die Börsenpreise mittags meist niedrig waren.
Haushalte mit abendlichem Verbrauch hatten nur minimale Vorteile, weil die Preise zu diesen Zeiten oft höher ausfallen.
3. Großes Einsparpotenzial mit Elektroauto
Den größten Kostenvorteil erzielen Haushalte, die ihr Elektroauto intelligent laden. Wird das Fahrzeug sofort geladen, sobald es an die Wallbox angeschlossen ist („Sofort-Laden“), sinken die Stromkosten nur um etwa 1 Prozent. Wird dagegen ein intelligentes Lademanagement eingesetzt, das die Batterie gezielt in günstigen Stunden lädt, reduzieren sich die Kosten um rund 31 Prozent.
Noch attraktiver wird es in Kombination mit zeitvariablen Netzentgelten gemäß §14a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Hier können Netzbetreiber bei steuerbaren Verbrauchern – wie Wallboxen oder Wärmepumpen – zeitweise den Strombezug begrenzen, gewähren dafür aber Rabatte:
Modul 1: Pauschaler Rabatt auf die Netzentgelte
Modul 2: Prozentualer Rabatt (für Geräte mit separatem Zähler)
Modul 3: Zeitvariable Netzentgelte mit besonders günstigen Zeitfenstern
Die Studie zeigt: Wer intelligent lädt und Modul 1 + 3 nutzt, kann seine jährlichen Ladekosten um bis zu 82 Prozent senken – von rund 537 auf 93 Euro.
Damit wird das Elektroauto nicht nur klimafreundlich, sondern auch wirtschaftlich hoch attraktiv.
4. Wärmepumpen: Einsparungen bis zu 28 Prozent
Auch für Haushalte mit Wärmepumpe bietet ein dynamischer Tarif spürbare Vorteile. Ohne flexible Steuerung bleiben die Unterschiede gering – der Betrieb ist weder günstiger noch teurer als mit einem Festpreis.
Wird jedoch die Wärmepumpe intelligent gesteuert und der Wärmespeicher gezielt in Zeiten niedriger Preise geladen, reduzieren sich die Kosten um rund 7 Prozent. In Kombination mit den Netzentgelt-Modulen steigt das Einsparpotenzial deutlich:
Mit Modul 1 + 3: bis zu 26 Prozent Ersparnis
Mit Modul 2 (prozentualer Rabatt): bis zu 28 Prozent
Somit kann der Betrieb einer Wärmepumpe – häufig als „stromhungrig“ kritisiert – bei dynamischen Tarifen sogar günstiger werden, wenn das Heizverhalten angepasst wird.
5. Kleine Speicher lohnen sich begrenzt
Auch Haushalte ohne E-Auto oder Wärmepumpe können vom Preisschwung profitieren – vor allem, wenn sie einen Heimspeicher besitzen. Ein kleiner Speicher mit 2,4 kW Leistung und 4,2 kWh Kapazität spart laut Studie netto rund 50 Euro pro Jahr.
Ein größerer Speicher mit 5 kW und 10 kWh rechnet sich dagegen kaum, wenn nur die Preisschwankungen genutzt werden. Erst in Verbindung mit zeitvariablen Netzentgelten bringt er eine jährliche Ersparnis von über 100 Euro.
Allerdings sind hier die Anschaffungskosten (1.200 bis 4.190 Euro) noch nicht vollständig berücksichtigt. Fazit: Kleine Speicher können helfen, den Eigenverbrauch zu optimieren und Preistäler auszunutzen, lohnen sich aber meist nur als Ergänzung zu anderen Flexibilitätsoptionen.
6. Kombination aus Elektroauto und Wärmepumpe bringt maximale Ersparnis
Die höchsten Einsparungen ergeben sich, wenn mehrere flexible Verbraucher kombiniert werden. Eine Familie mit Elektroauto und Wärmepumpe kann laut Studie ihre jährlichen Stromkosten um bis zu 985 Euro senken – das entspricht 25 Prozent der Gesamtrechnung.
Allein durch den dynamischen Tarif und eine intelligente Steuerung liegt die Ersparnis bereits bei rund 288 Euro. Die restlichen 697 Euro kommen durch Netzentgeltrabatte und zeitvariable Preisfenster hinzu.
7. Beitrag zur Energiewende: Weniger Abregelung, mehr Effizienz
Neben den finanziellen Vorteilen leisten dynamische Tarife auch einen wichtigen Beitrag zur Systemstabilität. Denn sie fördern die Lastverschiebung – also den Stromverbrauch in Zeiten hoher erneuerbarer Erzeugung.
Die Studie zeigt, dass ein intelligent geladenes E-Auto bis zu 42 Prozent seines Stroms in Stunden nutzt, in denen der Strompreis an der Börse negativ war. Das bedeutet: Dieser Strom wäre sonst abgeregelt worden, weil das Angebot die Nachfrage überstieg.
Auch Wärmepumpen und Batteriespeicher tragen dazu bei, wenn auch in geringerem Umfang. So steigt der Anteil abgeregelten, aber genutzten Stroms bei Wärmepumpen von 5 auf 10 Prozent und bei Haushalten mit Batteriespeicher von 7 auf 16 Prozent.
Damit helfen dynamische Tarife nicht nur beim Sparen, sondern auch dabei, Erneuerbare-Energien-Anlagen besser in das Stromsystem zu integrieren und das Abregeln von Wind- und Solarstrom zu verringern.
8. Fazit: Dynamische Tarife sind ein zentraler Baustein der Energiezukunft
Dynamische Stromtarife schaffen Anreize für ein intelligentes Verbrauchsverhalten – und belohnen Flexibilität. Wer über steuerbare Verbraucher wie Elektroautos, Wärmepumpen oder Speicher verfügt, kann deutlich sparen und gleichzeitig einen Beitrag zur Energiewende leisten.
Selbst Haushalte ohne große Verbraucher profitieren, wenn sie Strom vor allem tagsüber nutzen, etwa durch zeitgesteuerte Geräte oder das Laden kleiner Speicher.
Das Fazit der Neon-Studie ist eindeutig:
Dynamische Tarife senken die Stromkosten in nahezu allen Haushaltstypen.
Flexible Verbraucher erzielen Einsparungen von bis zu 82 Prozent.
Gleichzeitig tragen sie zur besseren Integration erneuerbarer Energien bei.
Mit der zunehmenden Verfügbarkeit smarter Messsysteme und zeitvariabler Netzentgelte dürfte der Wechsel zu dynamischen Tarifen künftig für immer mehr Haushalte attraktiv werden – sowohl ökologisch als auch ökonomisch.