Direktvermarktung: So haben sich die Entgelte von erneuerbarem Strom entwickelt

Immer wieder taucht die Frage auf: Lohnt sich die Direktvermarktung von erneuerbarem Strom? Die beste Antwort darauf gibt der Markt selbst: mit seinen Preisen (Entgelten). Wir zeigen Ihnen hier die Entwicklung anhand eines Rückblicks auf die Entgelte der vergangenen Jahre 2018 bis 2022 sowie auf die aktuellen Entgelte für die Direktvermarktung Strom 2023. Dazu gibt’s Hintergrundwissen und Fakten zur Direktvermarktung, damit Sie die Preisentwicklungen auch einschätzen können.

Damit Sie gleich die Entwicklung der Entgelte Direktvermarktung verstehen und einordnen können, kommen zunächst kurze Erklärungen der wichtigsten Begriffe:

Was ist die Direktvermarktung?

Im Kontext der Energiewirtschaft bedeutet Direktvermarktung genau das, was der Begriff impliziert: die direkte Vermarktung des Energieprodukts, hier: erneuerbarer Strom. Die Direktvermarktung ist eine Form, wie Sie erneuerbaren Strom vermarkten, also verkaufen können.

Wie funktioniert die Direktvermarktung?

Die Direktvermarktung von Strom als Begriff wurde in Deutschland zwar schon mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz im Jahr 2009 (EEG 2009) eingeführt, doch erst mit dessen Fassung vom Jahr 2012 so richtig etabliert:

Normalerweise verkauften die Betreiber von Anlagen zur Erzeugung erneuerbaren Stroms diesen an den jeweils für sie zuständigen regionalen Netzbetreiber. Dafür kassierten sie eine gesetzlich festgelegte Vergütung: die sogenannte Einspeisevergütung. Diese lag über dem jeweiligen Marktpreis. Die Netzbetreiber beziehungsweise die zuständigen Übertragungsnetzbetreiber leiteten den eingespeisten Strom anschließend zu den Endkunden weiter und bekamen ihrerseits die Differenz erstattet, die zwischen dem Marktpreis und dem Preis lag, der an den Anlagenbetreiber gezahlt worden ist. Diese Erstattung wurde mit der sogenannten EEG-Umlage finanziert, die von den Verbrauchern gezahlt wurde.

Alternativ bot das EEG in seiner 2012er-Fassung den Stromerzeugern an, den Strom ohne Förderung und über ein öffentliches Netz direkt an einen interessierten Stromabnehmer zu verkaufen – in Form einer Direktvermarktung beziehungsweise eines Direktverkaufs.

Auf diese Weise direkt vermarkteter Strom ist mit der sogenannten optionalen Marktprämie und der zusätzlichen Managementprämie förderbar. Die Marktprämie wurde als Anreiz für EEG-Anlagenbetreiber eingeführt, damit diese ihre Anlagen marktorientiert betreiben und dann verstärkt Strom einspeisen würden, wenn die Nachfrage besonders groß wäre. Was zugleich bedeutete, dass der Preis an der Strombörse eher hoch wäre. Im Unterschied dazu die normale Abgabe des erzeugten Stromes an den Netzbetreiber: Hier unterlag dieser einer Abnahmepflicht und die Vergütung war konstant.

Das EEG 2012 eröffnete drei Möglichkeiten, Strom direkt zu vermarkten:

  • um die optionale Marktprämie zu beanspruchen,
  • um die EEG-Umlage mit einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu mindern
  • und als sonstige Direktvermarktung.

Was ist die sonstige Direktvermarktung?

Die sogenannte sonstige Direktvermarktung meint einen freien Verkauf des Stroms – ohne eine EEG-Förderung zu beanspruchen.

Mehr zur Direktvermarktung lesen Sie in unserem Beitrag „10 häufige Fragen & Antworten zur Direktvermarktung Strom“.

Was sind die Entgelte bei der Direktvermarktung?

Für Anlagenbetreiber setzt sich das Entgelt aus der Direktvermarktung aus diesen drei Posten zusammen:

  • Marktpreis (Verkaufserlöse an der Strombörse) vom Direktvermarkter
  • Marktprämie vom zuständigen Verteilnetzbetreiber
  • Managementprämie (in Marktprämie einberechnet)

Was ist die Vermarktungspauschale?

Wenn Sie Ihren Strom über Dritte an der Strombörse verkaufen wollen, brauchen Sie ein darauf spezialisiertes Unternehmen: einen sogenannten Direktvermarkter. Für dessen Dienste müssen Sie als PV-Anlagen-Betreiber eine vertraglich festgelegte Vermarktungspauschale zahlen – quasi ist das der Lohn dafür, dass der Direktvermarkter Ihren privat erzeugten Strom in Ihrem besten Interesse an der Strombörse handelt.

Die Vermarktungspauschale ist damit ein Dienstleistungsentgelt, das dem Direktvermarkter oder Netzbetreiber für den entstandenen Aufwand zusteht. Wichtig für Sie zu wissen: Der Umfang und die Höhe der Vermarktungspauschale variieren von Dienstleister zu Dienstleister.

2021 habe die Vermarktungspauschale dem Portal Enpal zufolge 0,4 Cent pro kWh betragen. Seit 2022 werde sie demnach von den Netzbetreibern und Direktvermarktern anhand der tatsächlich anfallenden Kosten berechnet. Die einen würden die Pauschale in Euro pro MWh des zu vermarktenden Solarstroms ansetzen, während die anderen eine von der Strommenge unabhängige Grundgebühr berechnen würden

Entwicklung Direktvermarktung Entgelte – 2012 bis heute

Das EEG in seiner Fassung von 2014 machte die Direktvermarktung für viele Betreiber von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien zur Pflicht: Seit dem 1. Januar 2016 müssen alle Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 Kilowatt (kW) ihren erzeugten Strom direkt an der Strombörse vermarkten. Ausnahmen davon gibt‘s nur für Bestandsanlagen, die vor Inkrafttreten des EEG 2014 genehmigt und in Betrieb genommen worden sind. Zusätzlich wurde die Fernsteuerbarkeit der Anlagen über eine geeignete Fernwirkeinheit verpflichtend.

Mit der 2017er-EEG-Novelle kam das Auktionsverfahren hinzu: Demnach müssen (werdende) Betreiber von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus den Erneuerbaren Energien Biogas, Wind und Sonne seit dem 1. Januar 2017 an einem Gebotsverfahren der Bundesnetzagentur zur Bestimmung des Anzulegenden Wertes für ihre Anlagen teilnehmen.

Was ist der anzulegende Wert?

Der anzulegende Wert, angegeben in Cent pro Kilowattstunde (kWh) dient mit dem Marktwert (durchschnittlicher Strombörsenpreis) dazu, die Marktprämie zu berechnen. Alternativ wird der anzulegende Wert auch als Erlösobergrenze im Marktprämienmodell bezeichnet. Er gilt als primärer Fördersatz für Erneuerbare Energien und finanziert sich über die EEG-Umlage. Die Höhe vom Anzulegenden Wert war für die verschiedenen Anlagenklassen im EEG 2012 und EEG 2014 noch gesetzlich festgelegt. Seit Inkrafttreten des EEG 2017 (und fortlaufend mit dem EEG 2021) müssen Anlagenbetreiber ab einer bestimmten Größe der geplanten Anlage nun regelmäßig in einem Auktionsverfahren auf die Höhe des Anzulegenden Wertes für ihre Anlagen bieten.

Die jüngste EEG-Novelle (EEG 2023) brachte keine großen systemischen Veränderungen für die Direktvermarktung – außer die Abschaffung der EEG-Umlage, die vom Gesetzgeber bereits zum Juli 2022 auf Null gesenkt worden war. Die EEG-Förderung wird aktuell mit dem „Energie- und Klimafonds“ (Sondervermögen des Bundes) finanziert. Der Wegfall der EEG-Umlage ist nicht nur für Stromkunden, sondern auch für Anlagenbetreibende von Vorteil. Denn damit wird der Umstieg auf Eigenstromverbrauch attraktiver und die Abrechnung beim Stromverkauf einfacher.

Entwicklung: Direktvermarktung vs. feste Einspeisevergütung 2010 bis 2021


Das Portal Statista.de veröffentlicht hier eine Übersicht „Verteilung der eingespeisten EEG-Strommenge nach Vermarktungsprinzip in Deutschland in den Jahren 2010 bis 2021“. Demnach stehen sich folgende Prozentanteile an den beiden Vermarktungsstrategien gegenüber:

Feste Einspeisevergütung  Direktvermarktung

  • 2010  98,1 Prozent    1,9 Prozent
  • 2011  88 Prozent    12 Prozent
  • 2012  56,5 Prozent    43,5 Prozent
  • 2013  44,8 Prozent    55,2 Prozent
  • 2014  37,2 Prozent    62,8 Prozent
  • 2015  30,6 Prozent    69,4 Prozent
  • 2016  27,2 Prozent    72,8 Prozent
  • 2017  22 Prozent    78 Prozent
  • 2018  22 Prozent    78 Prozent
  • 2019  19 Prozent    81 Prozent
  • 2020  19 Prozent    81 Prozent
  • 2021  19 Prozent    79 Prozent

So haben sich die Entgelte für Direktvermarktung entwickelt: 2018 bis 2022

Die EE-Markwerte entwickelten sich laut den Analysten des Internetportals energybrainpool innerhalb von zwei Jahren – im Zuge der ersten Welle der SARS-COV-2-Pandemie in Quartal 1 des Jahres 2020 – vom historischen Tief zu historischen Höchstständen zunächst im Winter 2021/2022, die im Juni 2022 erneut nahezu erreicht wurden. Dabei wären die Marktwerte Solarstrom und Windstrom an Land aktuell zweieinhalb- bis dreimal so hoch wie die erzielten anzulegenden Werte der EEG-Ausschreibung in diesem Zeitraum gewesen.

Die Analysten liefern folgende Übersicht der wichtigsten Marktdaten in der Direktvermarktung im Zeitraum 2018 bis 2021 und verweisen dabei auf die Quellen netztransparenz.de und EPEX Spot:

Nach den Rekordjahren 2019 und 2020 sei demnach die Zahl der negativen Preise wieder auf ein zu 2018 vergleichbares Niveau gesunken. Neben Wettereffekten habe auch das Reduzieren inflexibler Kraftwerksleistung infolge des fortlaufenden Kernkraft- und Kohleausstiegs seinen Teil dazu beigetragen. Mit dem historisch hohen Strompreisniveau seit Ende des zweiten Quartals 2021 hätten sich auch die mengengewichteten, durchschnittlichen Marktwerte für EEG-Anlagen nach pandemiebedingten, historischen Tiefstwerten in 2020 erholt und in 2021 neue Höchstwerte erreicht.

  • Zahl der Stunden mit negativen Preisen: 134 (2018), 211 (2019), 298 (2020), 139 (2021)
  • durchschnittlicher Marktwert Solar in Euro/MWh: 44 (2018), 35 (2019), 25 (2020), 79 (2021)
  • durchschnittlicher Marktwert Wind an Land in Euro/MWh: 37 (2018), 32 (2019), 24 (2020), 90 (2021)
  • durchschnittlicher Marktwert Wind auf See in Euro/MWh: 41 (2018), 34 (2019), 27 (2020), 76 (2021)

In dem Marktbericht ist weiter zu lesen, dass die hohen Strompreise seit Ende des zweiten Quartals 2021 für viele EEG-Anlagenbetreiber einen Paradigmenwechsel bedeutet hätten: Denn die Monatsmarktwerte hätten in diesem Zeitraum demnach für außergewöhnlich viele Anlagen zum ersten Mal spürbar über dem anlagenspezifischen anzulegenden Wert des EEG gelegen. Somi sei den Betreibern dieser Anlagen die Option eröffnet worden, die dem deutschen Förderregime inhärenten Optionen einer fortgeschrittenen Marktintegration zu nutzen und die Erlöse aus der (Grün-)Stromvermarktung der Anlage mit alternativen Vermarktungswegen zu optimieren. Der Wechsel in die sonstige Direktvermarktung stelle demnach eine dieser Optionen dar.

Die Entwicklung der im Marktprämienmodell vermarkteten Leistung im Jahr 2022 sei laut diesem Bericht von energybrainpool ähnlich verlaufen wie im Vorjahr 2021: So habe es zum Jahreswechsel 2021/22 einem Netto-Rückgang von etwa 1,9 GW gegeben. Ab März 2022 sei die Leistung dann wieder etwas angewachsen und habe zum Ende des zweiten Quartals 2022 mit etwa 84,2 GW immer noch etwa 1 GW unter dem Jahresendwert von 2021 gelegen.

Während die Kapazitäten der Windenergie auf See um rund 7 Prozent im Jahresverlauf zurückgegangen seien und die Leistungen der anderen Energieträger nahezu stagnierten, habe die Leistung von Solarenergie um etwa 1,4 GW zugelegt.

Erste Zahlen zur Direktvermarktung im Jahr 2023

Auf dem Portal netztransparenz.de finden sich erste Daten zur Direktvermarktung nach EEG 2023 für die Direktvermarktung.

Die folgenden Zahlen, die den Übertragungsnetzbetreibern vorlägen, würden demnach die installierten Leistungen von EEG-Anlagen anzeigen, deren Strom vom Anlagenbetreiber oder einem Dritten nach § 21b Abs. 1 EEG 2023 direkt vermarktet werde (alle Angaben in MW):

(geförderte Direktvermarktung mit Inanspruchnahme der Marktprämie)

  • Wasserkraft: 841 (Januar 2023), 835,3 (Februar 2023), 866,85 (März 2023), 870,29 (April 2023)
  • Biomasse: 7.101,81 (Januar 2023), 7.145,38 (Februar 2023), 7.150,05 (März 2023), 7.178,29 (April 2023)
  • Windenergie (onshore): 45.993,82 (Januar 2023), 45.669,07 (Februar 2023), 45.366,46 (März 2023), 45.606,16 (April 2023)
  • Windenergie (offshore): 7.787,2 (Januar 2023), 7.787,2 (Februar 2023), 7.787,2 (März 2023), 7.787,2 (April 2023)
  • Solarenergie: 20.844,61 (Januar 2023), 20.825,28 (Februar 2023), 21.412,13 (März 2023), 21.951,37 (April 2023)

(sonstige Direktvermarktung)

  • Wasserkraft: 339,06 (Januar 2023), 376,95 (Februar 2023), 345,81 (März 2023), 348,04 (April 2023)
  • Biomasse: 640,48 (Januar 2023), 657,26 (Februar 2023), 673,66 (März 2023), 654,24 (April 2023)
  • Windenergie (onshore): 10.097,92 (Januar 2023), 11.121,34 (Februar 2023), 11.509,96 (März 2023), 11.295,05 (April 2023)
  • Windenergie (offshore): 455,40 (Januar 2023), 455,40 (Februar 2023), 455,40 (März 2023), 455,40 (April 2023)
  • Solarenergie: 3.859,45 (Januar 2023), 3.976,1 (Februar 2023), 3.626,1 (März 2023), 3.490,36 (April 2023)

Entgelte für PV-Strom: Die Aussichten

Die Analysten von energybrainpool wagen hier einen Ausblick in die Zukunft: Der durchschnittliche Vermarktungswert und Capture-Preis von Photovoltaik-Anlagen in Europa würden demnach ab dem Jahr 2040 stärker abfallen. Diese Entwicklung begründen die Analysten damit, dass es einen deutlichen Zubau an Photovoltaik-Kapazitäten geben werde, unter anderem in Deutschland, in Verbindung mit dem stark ausgeprägten Kannibalisierungseffekt bei PV. In Zeiten, in denen viel Solarstrom erzeugt werde, insbesondere während der Tagesstunden im Sommer, würden die Strompreise und somit die Erlöse fallen.

Auch bei PV blieben die Vermarktungsmengen im EU-Durchschnitt demnach künftig fast gleich, aber in manchen Ländern würden sie zeitweise deutlich sinken. Die große Schwankungsbreite der Solar-Vermarktungswerte in den Einzelstaaten zeige, wie stark die Erlösmöglichkeiten variieren würden. Hier gelte es allerdings zu beachten, dass in einem sonnenreichen Land auch mit geringen Vermarktungswerten hohe Erlöse erzielt werden könnten. Dies sei auf die höhere Auslastung der Anlagen zurückzuführen.

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